Verbrauchs-Bedarfs-Abgleich
Wie kann ein Verbrauchs-Bedarfs-Abgleich erfolgen?
Wie zuvor beschrieben, kann das Modell in seinen Randbedingungen der lokalen Klimabedingungen, der Nutzung und der Betriebsweise so angepasst werden, dass Verbrauch und Bedarf in der angepassten Bilanz weitgehend übereinstimmen. Im individuellen Sanierungsfahrplan ist diese Anpassung vorgeschrieben. Dies kann verschieden erfolgen.
Abgleich durch Faktor
Die Faktor-Methode könnte einfach die Abweichung als Faktor ermitteln und in den Auswertungen berücksichtigen.
Eine besondere Form der Faktor Methode wird im iSFP-Handbuch beschrieben. Danach wird der Hilfsenergiebedarf und der Trinkwarmwasser-Endenergiebedarf normiert gerechnet und nicht verändert. Der Raumheizwärmebedarf wird über eine Klimabereinigung geschickt und damit ein Faktor ermittelt.
So werden zwar die lokalen Klimabedingungen berücksichtigt, der Nutzer aber nur teilweise und nur in der Raumheizung. Bei Kombi-Wärmeerzeugern ist die Anpassung zudem ungenau.
Abgleich durch Anpassung der Randbedingungen
EVEBI bietet eine sehr viel genauere Anpassungsmöglichkeit, die vor allem eine belastbarere Kostenbetrachtung in der Zukunft ermöglicht: sie besteht in der Veränderung der Nutzungsrandbedingungen in Kombination mit dem lokalen Klima.
Durch den (neben der normierten Bilanz) zweiten angepassten Bilanz wird es möglich, die vorgesehene Flexibilität der DIN V 18599-10 zu nutzen. Der hier „2. Anpassung“ genannte Prozess ist der Verbrauchs-Bedarfs-Abgleich. Er führt deshalb zu belastbareren Ergebnissen, weil alle Vorgänge im Modell an der richtigen Stelle modifiziert werden – statt pauschal über einen Faktor, der über alles gelegt wird.
Folgende Anpassungen stehen aktuell in EVEBI zur Verfügung:
Der Teilbeheizungsfaktor.
Der Faktor beziffert die Flächen innerhalb der wärmeübertragenden Gebäudehülle, die reduziert bzw. „mitbeheizt“ werden. D.h. sie beziehen ihre (reduzierte) Raumwärme über angrenzende, bestimmungsgemäß/aktiv beheizte Räume. Letztere sind Wohnräume, die zum Aufenthalt dienen und daher eine Raumsolltemperatur haben (im Wohngebäude z.B. 20°C). Demgegenüber werden Treppenhäuser, WCs, Abstellräume, Hobbyräume, Elternschlafzimmer oft gar nicht aktiv beheizt oder wie Arbeits- und Werkstatträume, Partykeller usw. nur selten. Die DIN V 18599 sieht hier einen Anteil von 25% im Einfamilienhaus und 15% im Mehrfamilienhaus vor. Auch wenn dieser Faktor im Mittel zutreffen mag, so gibt es in der Praxis im Einzelfall deutlich Abweichungen. Gebäude, die von wenigen Nutzern bewohnt werden, heizen oft nur die „gute Stube“ wirklich aktiv auf Raumsolltemperatur. In EVEBI ist dieser Faktor für die angepasste Berechnung einstellbar. Eine Hilfe bietet insofern das Raumbuch, als das im Vorschlagswert des Faktors die o.g. Raumnutzungen bereits als „mitbeheizt“ angenommen werden.
In der Praxis zeigt sich, dass schon der Standardwert (25%/15%) oft zu konservativ, also zu niedrig angesetzt ist.
Im Beispiel wird in einem kleinen Mehrfamilienhaus ein Bedarf (errechneter Energieeinsatz) gerechnet, der fast 75% über dem gemessenen Verbrauch liegt. Nach der Raumnutzung (s.o.) können ca. 100 m² als „mitbeheizt“ gelten. Tatsächlich entpuppt sich so manches Kinderzimmer nach Auszug der Kinder als Gästezimmer usw., so dass man hier 140 m² (ca. 25% der Wohnflächen) als „mitbeheizt“ annehmen kann. Der angepasste Bedarf sinkt um 6%.
Die Raumtemperatur
Sie wird als Solltemperatur Heizung in den Nutzungsparametern aufgeführt. Dieser Wert beeinflusst das Bilanzergebnis am Stärksten, was alle Studien zum Thema bestätigen. Darüber kann also der Verbrauchs-Bedarfs-Abgleich sehr wirkungsvoll geschehen. Welche Temperatur geeignet ist, den gemessenen Verbrauch zu „treffen“, kann man durch den Schalter (Taschenrechner-Symbol) herausfinden.
Im Beispiel würde die Temperatur sehr stark reduziert werden müssen (unter 15°C), um den korrigierten Bedarf (Feld rechts oben) auf den Verbrauchswert zu bringen. Die „Schmerzgrenze“ liegt bei ca. 15°C; darunter leidet die Belastbarkeit der Aussagen zu stark.
Der Luftwechsel
Die DIN V 18599 sieht einen (Nutzer-) Luftwechsel vor, der in der Praxis durch freie Lüftung selten erreicht werden dürfte. Behutsam kann man diesen bis auf einen in der Praxis nicht selten anzutreffenden Wert von 0,1fachen Luftwechsel absenken. Der eingegebene (oder ermittelte Wert (s.o.) wird auf die Einheit der Norm umgerechnet (m³/m²*h).
Personenanzahl, Trinkwarmwasser-Zapftemperatur, Warmwassermenge
Weitere Stellschrauben sind weniger wirksam bzw. werden bei starker Nutzung unrealistisch. Die Personenzahl hat an mehreren Stellen Auswirkungen, so dass eine Reduktion der Anzahl auch eine erhöhende Wirkung auf den Energiebedarf haben kann (innere Wärmegewinne entfallen). Die Warmwassertemperatur wird vermutlich nie unter 40°C fallen. Der Warmwasserbedarf pro Person und Tag variiert natürlich mit der Anwesenheit der Personen.
Im Beispiel gelang der Verbrauchs-Bedarfs-Abgleich trotz großer Abweichung unter Ausnutzung einiger Stellschrauben.
Weitere Stellschrauben in Sonderfällen
In Sonderfällen können auch andere Stellschrauben den Abgleich fördern. Die Randbedingungen der oben gezeigten Maske stammen fast alle aus der Seite Nutzungsparameter der Zone. Hier gibt es noch weiter Felder, mit denen Sie experimentieren können.
Einige Veränderungen gegenüber den Standardwerten finden Sie im Nutzungsparameter-Dialog.
Beispiel: ein Hobby wie Aquaristik oder Bitcoin-Schürfen sorgt für hohe Wärmegewinne durch die Beheizung des Aquariums oder den Betrieb eines Rechners. Durch Eingabe von „24“ in das Feld Vollbenutzungsstunden Geräte und „0,5 W/m²“ (für 200 W in einem 400 m² Gebäude) in das Feld „Wärmeabgabe Arbeitshilfen“ erreichen Sie eine zusätzliche Wärmequelle, die die (Raumwärme-) Endenergie herabsetzt. Vorsicht! Hier sind nur außergewöhnliche Arbeitshilfen gemeint, normale Anwender-Stromnutzung im Haushalt sind bereits in der Bilanz eingerechnet.
Eine weitere Reduzierung ergibt sich, wenn das Gebäude temporär ungenutzt ist (jährliche Nutzungstage < 365). Selbstverständlich stellen Sie nur solche Bedingungen ein, die sich nach der Sanierung nicht verändern.
Grundsätzlich sollte alle Abweichungen von den Standard-Nutzungsrandbedingungen begründet bzw. erläutert werden. Dazu können Sie im individuellen Sanierungsfahrplan die Beschreibung der individuellen Ausgangssituation für die Sanierung nutzen.
Möglichkeiten und Grenzen der Anpassung in der DIN V 18599 Bilanz
Wie gezeigt werden konnte, bietet die DIN V 18599 zahlreiche Möglichkeiten, das Modell bzw. deren Randbedingungen an das konkrete Beratungsobjekt anzupassen. In EVEBI ist sichergestellt, dass die öffentlich-rechtlich verbindlichen Berechnungsergebnisse dadurch nicht verändert werden: es gibt immer mehrere parallel durchgeführte Bilanzen, sodass jederzeit jedes benötigte Ergebnis zur Verfügung steht.
Die universal angelegte Norm sollte sich in seiner Algorithmik für jeden denkbaren Fall eignen: jede Form und Nutzung eines Gebäudes, ob Bestand oder Neubau, ob hier oder dort lokalisiert. Leider hat sich die Norm in seiner Universalität im letzten Punkt eher zurück entwickelt: Einige Normteile arbeiten mit vordefinierten Tabellenwerten, die an einem Standort ermittelt wurden. Die Normteile 3, 5 und 7 (Heizungs- Lüftungs-, Klimaanlage) arbeiten mit solchen Tabellenwerten. Der Heiz- und Kühlbedarf selbst (Teil 2) wird indessen zumindest in Deutschland lokalisiert.
ENVISYS schätzt die Auswirkung dieser Modell-Festlegungen auf die angepasste Berechnung im Wohngebäude (bei der Teil 3 und 7 gar nicht verwendet werden) als relativ gering und damit akzeptabel ein.





